Das Zahnweh, subjektiv genommen,
ist ohne Zweifel unwillkommen;
doch hat’s die gute Eigenschaft,
dass sich dabei die Lebenskraft,
die man nach außen oft verschwendet,
auf einen Punkt nach innen wendet
und hier energisch concentriert.
Kaum wird der erste Stich verspürt,
kaum fühlt man das bekannte Bohren,
das Rucken, Zucken und Rumoren –
und aus ist’s mit der Weltgeschichte,
vergessen sind die Kursberichte,
die Steuern und das Einmaleins,
kurz jede Form gewohnten Seins,
die sonst real erscheint und wichtig,
wird plötzlich wesenlos und nichtig.
Ja selbst die alte Liebe rostet –
man weiß nicht, was die Butter kostet –
denn einzig in der engen Höhle
des Backenzahnes weilt die Seele.
Wilhelm Busch

 

Können Sie sich noch an die charmant-schiefen, leicht gelblichen Zähne von David Bowie in den 70ern erinnern? Heute blitzen sie kerzengerade und schneeweiß aus dem Mund der Rocklegende. Ja klar, auch Stefan Raab hat sich sein„Esszimmer“ bereits mehrmals renovieren lassen. Schöne Zähne sind heute ein echtes „Must have“. Es wird gerichtet und gebleicht, verschalt und implantiert – bis das Lächeln richtig sitzt. Für mehr als 80 Prozent der Deutschen sind makellose Zähne ein Statussymbol, dafür werden durchaus größere Geldausgaben wie Urlaube oder Autokauf zurückgestellt.

Nie zuvor spielte Mundhygiene eine größere Rolle: die Zahnzwischenräume werden mit Bürstchen und Seide gereinigt, Mundduschen spülen die übrigen Reste fort, es gibt elektrische und manuelle Zahnbürsten mit runden, eckigen, weichen, mittleren und harten Borsten. Ganz zu schweigen von der Vielfalt bei den Zahncremes: Ob Mineralien, Kräuter, „Weißmacher“ oder antibakterielle Zusätze – für jeden Bedarf wird die passende Paste angeboten. Was im heimischen Badezimmer nicht beseitigt werden kann, gelingt bei der professionellen Zahnreinigung vom Profi: Zahnstein und hartnäckige Belege werden schonend entfernt, Zahntaschen und -zwischenräume gereinigt – solch eine Behandlung ist echte Prophylaxe gegen die beiden hauptsächlichen Zahnkiller: Karies und Paradontose.

Gut so, denn: Jeder gesunde Zahn steht für viel mehr als ein strahlendes Lächeln. Kaputte, kranke oder gar wurzeltote Zähne können den gesamten Organismus schädigen. Sie haben permanent Beschwerden an den Nieren? Vielleicht liegt die Ursache dafür im Mund – genauer gesagt an einem der vorderen Schneidezähne. Denn in der Komplementärmedizin stehen alle Zähne über die körpereigenen Meridiane in Verbindung zu den einzelnen Organbereichen. So haben die Eckzähne einen Bezug zum Leber-Gallen-System, und die Weisheitszähne zu Dünndarm und Herz. Wer beispielsweise unter chronischen Allergien, Asthma, Bronchitis oder Neurodermitis leidet, sollte ruhig einmal die unteren, vorletzten Backenzähne überprüfen lassen. Sie sind meistens die ersten Zähne die gefüllt oder wurzelbehandelt werden und liegen direkt auf den Lungen- und Dickdarm-Meridianen.

Störfelder für den gesamten Organismus können auch Zahnfüllungen aus Amalgam und anderen Metallverbindungen sein. Bei der Entfernung solcher Füllungen empfiehlt sich zugleich eine Ausleitung der schädlichen Substanzen durch einen erfahrenen Therapeuten, da nach solch einem Eingriff immer auch ein Teil der Giftstoffe freigesetzt wird und den Körper verstärkt belasten kann. Eine weitere Gefahr für die Gesundheit sind Entzündungen des Zahnfleisches – dringen Bakterien beispielsweise über die Zahntaschen tief ins Gewebe ein, so können sie in die Blutbahn geraten und  in anderen Organsystemen schwerwiegende Beschwerden auslösen. So wird bereits seit längerem diskutiert, dass es einen Zusammenhang zwischen Paradontose und Herzerkrankungen geben kann. Werden also bei chronischen Beschwerden keine Ursachen oder Auslöser gefunden, lohnt es sich durchaus, Zähne und Zahnfleisch genauer untersuchen zu lassen.

Beachtenswert ist auch die Vernetzung von Kiefer und Zähnen zur Wirbelsäule und dem restlichen Skelettsystem: Fehlstellungen, aber auch Korrekturen im Kieferbereich haben eine unmittelbare Wirkung auf den gesamten Bewegungsapparat. Wer beispielsweise mit Hilfe einer festen Spange schiefstehende Zähne begradigen möchte, könnte möglicherweise Probleme im Nacken-oder Schulterbereich bekommen. Deshalb kann es Sinn machen, solch eine Behandlung physiotherapeutisch oder osteopathisch zu begleiten.

Zur Gesunderhaltung der Zähne ist auch eine gesunde Ernährung von allergrößter Bedeutung.  Dass Vitamin C gut fürs Zahnfleisch ist, wissen wir spätestens, seit Vasco da Gama einen Großteil seiner Seeleute aufgrund der einseitigen Kost durch Skorbut verlor. Auch dass unsere zuckerhaltigen Nahrungsmittel ein Angriff auf die Zahngesundheit sind, dürfte längst kein Geheimnis mehr sein. Doch neben vitamin- und mineralhaltigen Lebensmitteln spielt auch die Konsistenz des Essens eine entscheidende Rolle: Im Vergleich zu früher verzehren wir heutzutage deutlich mehr „weiche Speisen“, die unsere Kaumuskulatur nur wenig beanspruchen. Man denke nur an den kräftigen Kiefer der Neandertaler, die ihre Mahlzeiten noch richtig lange zerkauen mussten.

Was Zähnen und Kiefer mit Karotten und Äpfeln gut tut, kann ohne zu zerkleinernde Speisen verheerende Folgen haben: das unbewusste Knirschen und Kauen im Schlaf – viele Menschen geben ihren Stress „verbissen an die Zähne weiter“. Hier kann eine Schiene den Druck mildern und die Zähne schützen.

Also: Zähne pflegen, regelmäßig zum Zahnarzt gehen, sich gesund ernähren – was kann man sonst noch Gutes tun?

Hier ein paar Tipps aus der Naturheilkunde, die sowohl die Pflege der Zähne als auch deren Behandlung unterstützen können:

Ölziehen nach Dr. Karach

1-3mal täglich vor dem Essen nimmt man 1 Teelöffel bis 1 Esslöffel Pflanzenöl in den Mund, wo dieses eine Viertelstunde gesaugt, gespült und durch die Zähne gesogen wird. Wichtig: das Öl darf nicht heruntergeschluckt werden, da sich zahlreiche Bakterien und schädliche Substanzen mit ihm verbinden. Nach dem Ausspucken den Mund gründlich mit Wasser ausspülen und die Zähne putzen. Auf diese Weise können nicht nur Gifte aus dem Organismus entfernt werden, sondern zugleich lockere Zähne gefestigt, Zahnfleischbluten verhindert und die Zähne sichtbar weißer werden.

Homöopathie

Die Einnahme von Arnika ist besonders hilfreich vor dem Zahnarztbesuch,  bei Extraktionen, Paradontosebehandlungen oder sonstigen Eingriffen kommt es zu weniger Blutungen und einer schnelleren Wundheilung. Bei Verletzungen eines Zahnnervs kann Hypericum sehr wirkungsvoll sein, ist der Kiefer beteiligt, unterstützen Hekla Lava oder Symphytum den Heilungsprozess. Darüber hinaus gibt es zahlreiche, individuell auszuwählende Einzelmittel, die bei Entzündungen, Eiterungen, Beschwerden durch Amalgam oder Zahnschmerzen unterstützend eingenommen werden können.

Phytotherapie

Gegen die meisten Beschwerden im Mundraum ist ein Kraut gewachsen. Pflanzen wie Salbei, Calendula, Rathania, Kamille, Echinacea, Plantago, Myhrre, Gewürznelke oder Melisse wirken u.a. schmerzlindernd, astring-ierend, entzündungshemmend sowie wundheilend auf Mundschleimhaut und Zahnfleisch. Bei Problemen mit Zahnstein kann man mit Erbeerwurzeln – Fragaria vesca – als Urtinktur gute Erfolge erzielen:  drei Tropfen in etwas Wasser auflösen, Mund auspülen und ohne weitere Zusätze die Zähne putzen und das Zahnfleisch massieren. Apotheken oder Reformhäuser bieten häufig auch fertige Mischungen verschiedener Heilpflanzenauszüge an, die sich hervorragend für Mundspülungen eignen.

Sie merken schon: Es macht Sinn, seinen Zähnen ein bisschen mehr Aufmerksamkeit zu schenken – und sei es nur, „damit Sie auch morgen noch kraftvoll zubeissen können!“

Syke Brandt arbeitet seit über 30 Jahren als Journalistin und Autorin, vor allem im Gesundheitsbereich. 2006 verlegte sie ihren Schwerpunkt auf die Naturheilkunde mit der Ausbildung zur Heilpraktikerin und Klassischen Homöopathin, seit 2011 betreibt sie eine eigene Praxis.