Sie sind häufig erkältet? Leiden unter Diabetes, Parodontose oder Herz-Kreislauf-Beschwerden? Fühlen sich müde und erschöpft oder gar depressiv? Dann leiden Sie möglicherweise unter einem chronischen Mangel an Vitamin D.

Um es gleich vorwegzunehmen: nichts wird in der Nährstoffversorgung so sehr unterschätzt wie dieses Vitamin. Wurde es lange Zeit lediglich zum Schutz vor Osteoporose empfohlen, diskutiert die Wissenschaft heute, ob es nicht auch in der Prophylaxe gegen Krebs, Demenz und zahlreiche andere chronische Erkrankungen eine entscheidende Rolle spielen könnte.

Die gesamte Vitamin D-Gruppe besteht aus mehreren biologischen Wirkstoffen, die als Calciferole bezeichnet werden; die für den Menschen wichtigsten sind das in Pflanzen enthaltene Ergocalciferol, auch Vitamin D2 genannt, sowie das Cholecalciferol (D3), das in tierischen Lebensmitteln vorkommt. Vor allem aber wird Vitamin D im menschlichen Organismus mit Hilfe von Sonnenstrahlen gebildet. Daher ist der Begriff Vitamin streng genommen falsch, es entspricht in seiner Wirkung eher einem Hormon: erst seine aktive Form, das Calcitriol, stimuliert die Aufnahme von Calcium in den Dünndarm, reguliert den Calciumstoffwechsel im Knochensystem und ist über die Nieren auch an der Blutdruckregulation beteiligt. Mittlerweile haben Forscher herausgefunden, dass in fast allen anderen Organen ebenfalls Calcitriol gebildet wird und dort gewebespezifische Zellfunktionen ausübt.

Auch wenn noch keine gesicherten Erkenntnisse vorliegen, so lassen Studien vermuten, dass der Vitamin-D-Stoffwechsel eine große Bedeutung in der Krebsprophylaxe spielen könnte. Anderen chronischen Leiden wie Herz-Kreislauf-Problemen, Autoimmunerkrankungen sowie psychischen Störungen könnte womöglich mit einer ausreichenden Versorgung ebenfalls entgegengewirkt werden. Einer britischen Studie zufolge führt Vitamin D-Mangel insbesondere bei älteren Menschen zu einer nachlassenden Gehirnleistung, kognitiven Beeinträchtigungen sowie Angst und Depressionen. Vom Risiko häufiger Knochenfrakturen ganz zu schweigen.

Doch auch jüngere Menschen leiden – gerade in den Wintermonaten – unter Mangelerscheinungen, schätzungsweise sind dann bis zu 80 Prozent der Bevölkerung unterversorgt. Zwar lässt sich Vitamin D auch über die Nahrung zuführen, in erster Linie wird es jedoch unter Einwirkung von UV-B-Strahlen der Sonne gebildet. So können an einem schönen Sonnentag bis zu 20.000 I.E. Vitamin D entstehen. Allerdings: alles was sich zwischen Sonnenstrahlen und Haut befindet, mindert die Wirkung. Das gilt nicht nur für Kleidung oder Fenster, sondern insbesondere für Sonnenschutzcreme. Doch diese wird von Hautärzten dringend zum Schutz gegen Hautkrebs empfohlen. Hier genau liegt die Crux: Die UV-Spektren, die zu Sonnenbrand und Bräunung der Haut führen, sind zugleich für die Vitamin-D-Synthese verantwortlich.  Deshalb empfehlen Wissenschaftler einen regelmäßigen, dafür jedoch maßvollen Aufenthalt im Sonnenlicht. Laut WHO genügt es,  während der Sommermonate bereits dreimal wöchentlich 5 bis 15 Minuten Gesicht und Arme der Sonnenstrahlung auszusetzen, um ausreichend Vitamin D zu bilden. Wichtig sei, die Haut langsam an die Sonne zu gewöhnen, um Rötungen und Verbrennungen zu vermeiden.

In den Wintermonaten kann es hingegen sinnvoll sein, den Vitaminspiegel durch eine Ernährungsumstellung oder eine medikamentöse Substitution zu steigern. Lebensmittel mit einem hohen Vitamin-D-Gehalt sind Lebertran, fettreiche Fischarten wie Hering, Lachs und Sardinen sowie Rinderleber.  Doch auch Milch- und Eierprodukte  sind, ebenso wie Pilze und Avocados, wertvolle Vitamin-D-Lieferanten. Da allerdings bis zu 90 Prozent des in unserem Körper vorhandenen Vitamin D durch den Einfluss von Sonnenlicht synthetisiert werden, ist es häufig sinnvoll, Mangelerscheinungen durch  Einnahme von Ergänzungspräparaten vorzubeugen. Zuvor sollte man aber auf jeden Fall mit einem einfachen Bluttest seinen Vitamin-D-Spiegel bestimmen lassen.

Besonders wichtig ist eine ausreichende Versorgung unter anderem bei folgenden Krankheits- und Beschwerdebildern:

Muskelschwäche

Die Skelettmuskulatur kann nur richtig arbeiten, wenn die Vitamin-D-Rezeptoren ihrer Zellen ausreichend versorgt werden.

Hypertonie

Untersuchungen der Harvard University ergaben, dass bei Frauen mit niedrigen Vitamin D-Werten ein um 67 Prozent erhöhtes Bluthochdruckrisiko besteht.

Atemwegserkrankungen

Sowohl grippale Infekte als auch Asthma-Anfälle können durch zusätzliche Vitamin-D-Gaben deutlich reduziert werden.

Diabetes

Laut einer finnischen Studie über den Zeitraum von 31 Jahren konnte durch Vitamin-D-Substitution bei Neugeborenen das Diabetes-Risiko um 80 Prozent vermindert werden.

Nierenerkrankungen

Patienten mit fortgeschrittenen Nierenerkrankungen, insbesondere Dialyse-Patienten, sind nicht in der Lage, Vitamin D in Calciferol umzuwandeln. Deshalb benötigen sie dringend Analoga, um den Kalzium-Stoffwechsel aufrecht zu erhalten.

Paradontose

Ohne Vitamin D können keine antimikrobiellen Verbindungen wie Defensine und Cathelicidine gebildet werden. Diese sind jedoch notwendig, um chronischen, bakteriell bedingten Zahnfleischerkrankungen entgegenzuwirken.

Psychische Erkrankungen

Auch die Vitamin-D-Rezeptoren im Gehirn müssen ausreichend versorgt werden, das gilt vor allem prophylaktisch für die geistige Entwicklung bei Kindern. Darüber hinaus gibt es Hinweise, dass Vitamin D  bei Depressionen, Multipler Sklerose, Demenz oder Parkinson eine Schlüsselrolle zukommen könnte.

Vitamin D und Krebs?

Vermutlich besteht ein Zusammenhang zwischen hoher Vitamin-D-Aufnahme und einem geringerem Brust- und Darmkrebsrisiko.  Auch bereits bestehende Tumore ließen sich womöglich durch höhere Vitamin-D-Dosen reduzieren.
Doch Vorsicht: man kann Vitamin D auch überdosieren, bis hin zu einer tödlichen Vergiftung. Allerdings  entsteht solch eine Hypervitaminose erst bei über Monate dauernder Einnahme der zehnfachen Dosis.
Als Richtwert empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung Erwachsenen, insbesondere Schwangeren, Stillenden und Senioren, 800 I.E. (=20 Mikrogramm) Vitamin D pro Tag. Bei Mangelerscheinungen kann die Dosis erhöht werden, hier lassen Sie sich am besten von Ihrem behandelnden Therapeuten beraten.

Syke Brandt arbeitet seit über 30 Jahren als Journalistin und Autorin, vor allem im Gesundheitsbereich. 2006 verlegte sie ihren Schwerpunkt auf die Naturheilkunde mit der Ausbildung zur  Heilpraktikerin und Klassischen Homöopathin, seit 2011 betreibt sie eine eigene Praxis.