Rückenschmerzen, geschwollene Beine, Haarausfall, Übergewicht, Allergien, Rheuma, Diabetes, Osteoporose, Bluthochdruck, Depressionen, Nervosität und Kopfschmerzen – die Liste der Beschwerden, die uns den Alltag verleiden, lässt sich beliebig verlängern. Entnervt fragt man sich: „Wieso hat es gerade mich erwischt?“ Zugleich bekämpft man die Symptome mehr oder weniger erfolgreich mit Tabletten, Diäten oder Vitaminpillen. Einer der möglichen Ursachen geht man hingegen nur selten auf den Grund, obwohl sie für viele Erkrankungen die gleiche sein kann: Der Körper ist sauer!
Was ihn so verstimmt, ist eine massive Störung der Säure-Basen-Balance – schätzungsweise 80 Prozent der Bundesbürger sind völlig übersäuert: sei es durch Fehlernährung, Stress oder Umweltbelastung. Doch was heißt das überhaupt, übersäuert sein?
Im gesunden Organismus wird der pH-Wert des Körpers problemlos reguliert: Jedes Organ braucht ein anderes Säuremilieu, um einwandfrei zu funktionieren: Die Werteskala reicht von 1 (stark sauer) über 7 (neutral) bis hin zu 14 (stark basisch) So liegt der pH-Wert im Magen zwischen 1,2 und 3 – ist also ziemlich sauer, in der Bauchspeicheldrüse oder dem Dickdarm hingegen herrschen leicht basische Verhältnisse mit einem pH-Wert um 8.
Besonders wichtig ist ein stabiler Wert des Blutes: dieser sollte stets zwischen 7,35 und 7,45 liegen, nur so können die roten Blutkörperchen den lebensnotwendigen Sauerstoff in jede einzelne Zelle des Körpers transportieren. Wenn der pH-Wert des Blutes entgleist, herrscht „allerhöchste Eisenbahn“, denn dann kann man davon ausgehen, dass die anderen Organbereiche längst nicht mehr im Säure-Basen-Gleichgewicht sind. Ist der Organismus doch so schlau, säurehaltige Substanzen schnellstmöglich aus dem Blutkreislauf zu entfernen und im Zell- oder Zwischenzellgewebe als so genannte Schlacken zu deponieren.
Und genau dort entstehen dann die Probleme: das Gewebe verhärtet, kann nicht mehr so gut durchblutet werden – schlimmstenfalls kommt es zu krankhaften Entartungen. Der Körper versucht in seiner Not, den Überschuss an Säuren auszugleichen, indem er zusätzliches Wasser einlagert, die Säuren also „verdünnt“ – typische Folgeerscheinungen: Übergewicht und Zellulitis.
Ein weiteres Problem ist, dass der Organismus der Übersäuerung mit basischen Mineralien wie Calcium, Magnesium, Kalium oder Eisen entgegensteuert – notfalls „plündert“ er dafür auch die körpereigenen Depots: Zähne, Knochen, Blutgefäße, Bindegewebe und auch das Nervensystem werden dadurch massiv in Mitleidenschaft gezogen.
Vor allem die Ernährung macht uns sauer
Doch was genau macht uns so sauer? In erster Linie ist es die heutige Ernährung – Fertigprodukte, Zucker, Alkohol, Kaffee, Getreide, Milcherzeugnisse, vor allem aber Fleisch und Wurstwaren sind säurebildende Lebensmittel. Obst, Kräuter, Gemüse und kohlensäurefreie Getränke wirken hingegen basisch, sie sollten eigentlich bis zu 80 Prozent unseres Speisezettels ausmachen.
Für viele Menschen ein unrealistisches Ziel – in Anbetracht der grenzenlosen Auswahl an Genuss- und Lebensmitteln ernähren sich die meisten eher im umgekehrten Verhältnis. Zudem macht uns nicht nur unsere Ernährung sauer: auch Stress im Beruf, falsches Atmen, mangelnde körperliche Betätigung und zahlreiche Umwelteinflüsse wie Lärm, Elektrosmog und saure Abgase aus Industrie, Kraftwerken und Autos „versäuern“ unser biologisches Gleichgewicht. Sind die Krankheiten erst einmal da, versuchen wir, sie mit Schmerztabletten in Schach zu halten – ein weitere „saurer Angriff“ auf den Organismus.
In drei Stufen zum Ausgleich
Was also tun? Ein guter Start in die richtige Richtung kann eine Entsäuerungskur mit Basenpulver sein. Bei solch einer Basenkur wird im ersten Schritt über mehrere Wochen das Zellzwischengewebe entsäuert, damit später die Zellen ihren „Säureüberschuss“ ausscheiden können. Das Pulver sollte zu 100 Prozent aus basischen Mineralien (z.B. Natrium-, Kalium-, Kalzium- und Magnesiumkarbonat) bestehen. Einige Pulver enthalten wirkungslose Füllstoffe und sind dadurch weniger effektiv.
Für die anschließende intrazelluläre Entsäuerung hat sich eine Kombination aus Vitamin C und Kaliumbikarbonat bewährt. Abschließend werden die aus der Zelle in den Zellzwischenraum ausgeschiedenen Säuren und Schlacken erneut mit Hilfe von Basenpulver ausgeschieden. Wie lange und in welcher Dosis solch eine Kur eingenommen wird, richtet sich nach dem individuellen Krankheitsbild und dem jeweiligen Basenmittel – am besten lässt man sich von seinem Therapeuten oder Apotheker beraten. Wichtig ist, dass während solch einer Basenkur reichlich kohlensäurefreies Wasser getrunken wird. Achtung: Das Pulver sollte mit Abstand zum Essen eingenommen werden. Während der Mahlzeiten ist nämlich ein saures Milieu notwendig, damit die Nahrung richtig verdaut werden kann. Auch die Wirkung von Medikamenten kann beeinflusst werden – hier empfiehlt sich ebenfalls ein zeitlicher Abstand von ein bis zwei Stunden.
Unterstützend wirken Tees oder Tinkturen aus bitterstoffhaltigen Pflanzen wie Scharfgarbe, Tausendgüldenkraut, Enzian- und Angelikawurzel. Die Ausleitung über Nieren und Blase wird durch Goldrute, Birkenblätter oder Schachtelhalm gefördert, die Entgiftung über Leber und Galle durch Löwenzahn, Mariendistel, Gelbwurz oder auch Pfefferminzblätter.
Eine weitere, sehr effektive Entsäuerungsmethode sind basische Voll- oder Teilbäder. Die Fähigkeit der Haut, Schadstoffe auszuscheiden, wird von vielen Menschen unterschätzt. Hier überzeugt ein einfacher Test: Messen Sie den pH-Wert eines basischen Vollbades vor und nach dem Baden. Der Anfangswert müsste ungefähr bei 8,5 liegen und zum Ende des Bades um 1 Punkt oder mehr gesunken sein, das bedeutet, dass das Wasser zehnmal mehr Säuren enthält. Säuren, die der Körper beim Baden ausgeschieden hat. Wer ungern badet, kann sich genauso gut mit einem basischen Fußbad helfen – die Fußsohlen sind sehr drüsenreich (daher kommen auch die Schweißfüße!): über sie werden Gifte, Säuren und Stoffwechselendprodukte ausgeschieden. In der Naturheilkunde werden die Füße oft auch als „Hilfsnieren“ bezeichnet. Ein weiterer Positiveffekt von Basenbädern: die Haut wird weicher, man entwickelt weniger leicht unangenehmen Körpergeruch und beugt durch das basische Milieu Pilz- und Hauterkrankungen vor. Also: Ab in die Wanne.
Wie bei allen erfolgreichen Therapien gilt auch bei der Basenkur: Langfristig hilft nur eine Umstellung der Lebensgewohnheiten. Wer seine Ernährung dauerhaft mit basischen Produkten anreichert (siehe Tabelle) wird nicht so schnell (wieder) sauer. Regelmäßige Bewegung, entgiftende Saunagänge und dafür weniger Stress tun ein Übriges.
„König der Säuren“: Ausgerechnet der Zucker
Zuguterletzt noch ein Wort zum „König der Säuren“: dem Zucker! Ihn gilt es ganz besonders zu meiden, denn er versteckt sich in einem Großteil aller Lebensmittel. Die WHO empfiehlt maximal 10 Prozent des Kalorienbedarfs in Form von Zucker zu konsumieren – doch die meisten verbrauchen das Doppelte und mehr. Bereits mit einem großen Glas Limonade ist das Limit locker überschritten. Dass aber auch Schinken, Ketchup oder Saucenbinder jede Menge versteckten Zucker enthalten, ist den Wenigsten bewusst. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass Zucker viele Namen hat: Dextrose, Laktose, Maltodextrin, Fructose, Süßmolkenpulver….
Ein süßes Versteckspiel, auf das der Körper ziemlich sauer reagieren kann.
Syke Brandt arbeitet seit über 30 Jahren als Journalistin und Autorin, vor allem im Gesundheitsbereich. 2006 verlegte sie ihren Schwerpunkt auf die Naturheilkunde mit der Ausbildung zur Heilpraktikerin und Klassischen Homöopathin, seit 2011 betreibt sie eine eigene Praxis.
Saure Lebensmittel
Fleisch, Wurst, Fisch, Eier, Erdnüsse, Cashewkerne, Zucker, Getreideprodukte, Nudeln, Reis, Quark, Milch, Hartkäse, Frischkäse*, Alkohol, Kaffee, kohlensäurehaltige Getränke, schwarzer Tee.
*Milchprodukte sind Säurebildner, deshalb eignen sie sich auch nicht – wie so oft empfohlen – zur Osteoporose-Prophylaxe, bei ihrer Verstoffwechselung wird mehr Calcium verbraucht als gewonnen.
Basische Lebensmittel
Gemüse, Pilze, Salat, Kräuter, Obst, vor allem Trocken- und Zitrusfrüchte, Sesam, Meerrettich, Oliven, Süßrahmbutter, Bienenhonig, Kräutertees, frische Säfte, Mandeln, Kürbiskerne.
Beispiele für Säuren im Körper
- Gerbsäure aus schwarzem Tee und Kaffee
- Milchsäure aus körperlicher Überbelastung
- Harnsäure aus Zellverfall und Fleischgenuss
- Acethysalizylsäure aus Schmerzmitteln
- Essigsäure aus Süßwaren und Fetten
- Salzsäure aus Stress, Angst und Ärger
- Salpetersäuren aus Pökelfleisch und Käse
- Oxalsäure aus einigen Gemüsen
- Schwefelsäure durch unterdrückte Blähungen